EIN WEITERES MAL BEWEIST KAWASAKI, WAS TECHNISCH MÖGLICH IST,WENN DIE RICHTIGEN LEUTE ZUSAMMENKOMMEN.
DASS AUCH AUS EINER VERSYS 650 EIN TURBOGELADENER SPRINTRENNER WERDEN KANN, KONNTE BEIM CAFE RACER FESTIVAL IN MONTLHÉRY BESTAUNT WERDEN.
Pünktlich zum ersten Auftritt der versammelten
Essenza-Sprinter beim Cafe Racer Festival in Montlhéry lüftete Kawasaki Deutschland das Geheimnis der Supersys. In MO 7/2017 noch im Rohbau, lässt sich die ehemalige Basis des Umbaus kaum noch erkennen. War die Supersys im früheren Leben doch eine hochbeinige Versys 650.
Wie im letzten Jahr musste aufgrund des Reglements ein geeigneter Spender gesucht werden. Die Essenza-Sprints zeichnen sich zwar durch kaum missverständliche Regeln aus, grenzen die Wahl des Motorrades aber durchaus ein. Zwei Räder, zwei Zylinder und maximal 1200 ccm sind die Eckdaten des Regelwerks. Was daraus gemacht wird, liegt in den Händen der Teilnehmer. Angetreten wird Motorrad gegen Motorrad über eine Achtelmeile. Wer als zweites den Zielstrich überkreuzt, ist raus. Am Ende bleiben zwei Motorräder übrig. Zur Hatz über etwas mehr als 200 Meter treten aber keine Hobbyschrauber gegeneinander an, die freie Markenwahl genießen. Aufgerufen zum Sprint werden Motorradhersteller sowie deren Importeure und Customizer der Szene. Kawasaki musste die Basis also im eigenen Sortiment suchen. Einen Zweizylinder findet man bei der Grünen in Form des Reihenmotors mit 649 ccm, bekannt aus Vulcan, Z 650 und Versys 650.
Der Blick auf die Konkurrenz im Fahrerlager ließ eigentlich nichts Gutes erahnen, sind doch so einige Motorräder mit fast doppelt so großen Motoren unter den 16 Startern zu finden. Wer sich aber an den Essenza-Sprint beim Glemseck 101 im letzten Jahr erinnert, der weiß, dass Größe eben nicht alles bedeutet. Schließlich erreichte man 2016 mit einer zur „Underdog“ umgebauten Vulcan S den höchstrespektablen zweiten Platz. Damals noch mit Lachgas beatmet, macht dieses Jahr ein Turbolader aus dem Hause KKK mit 0,6 bar Ladedruck Dampf im Kessel.
WENN ZWANGSBEATMUNG AUS EINER KLEINEN REISEENDURO EINEN SPRINTRENNER MACHT
Verantwortlich für viel Power zeichnen Ronny Schnepf und Dieter Briese aus dem Hause Höly. Damit der Druck den Motor nicht seine Kolben ausspucken lässt, wurden Turbo-Kolben eines amerikanischen Tuning-Kits für ZX-12R und Carrillo-Pleuel verbaut. Der bearbeitete Zylinderkopf und Tuning am Ansaugsystem sowie an der Einspritzung helfen dem 650er Zweizylinder richtig auf die Sprünge. 90 PS stehen ab jetzt am Hinterrad zur Verfügung, sachgemäß auf den Boden gebracht von Kawasakis Testfahrerin Francesca Gasperi. Die Vollgaspilotin zeigte sich vom giftgrünen Äußeren begeistert. Denn RF Biketech strippte die Versys bis auf die Grundreste und verpasste dem Renner ein neues Blechkleid. Ein neuer Heckrahmen trägt das extrem schmale Heck, für die Front wurden an der eigenen CNC-Fräse Gabelbrücken für die Upside-down-Gabel einer Z 1000 SX hergestellt. Auf Angriff gebürstet, beugt sich die Maschine auf ihr Vorderrad.
Wer hier die Versys erkennt, muss einen Röntgenblick besitzen.Da aus Termingründen im Vorfeld keine Testläufe absolviert werden konnten, wurden kurzerhand vor dem Rennen einige Probesprints absolviert. Mit lautem Gebrüll aus dem kurzen Auspuffrohr preschten die Kawa und Francesca die kurze Gerade entlang. Ein zufriedenes Lächeln in den Gesichtern der Beteiligten –so rollte man zum Start des ersten Sprints. Der Testlauf vor dem eigentlichen Rennen sah nach Laufsieg aus. Im Rennen dann leider Ernüchterung. Nicht ganz optimal fiel der Startschuss, und Francesca verpasste den richtigen Moment. Das bedeutete das AUS bereits im ersten Lauf. Die Härte der Sprintrennen biss zu. Wer nicht perfekt los kommt, scheidet aus. Eine zweite Chance gibt es nicht. Die Mundwinkel blieben jedoch oben, denn ohne technische Probleme zeigte sich das Umbauprojekt. Die Hoffnungen auf eine vordere Platzierung für den nächsten Lauf bleiben also bestehen. Am Hauptevent beim Glemseck 101 vom 1. bis 3. September 2017 tritt das Team wieder an. Bis dahin wird noch ein wenig Feinschliff betrieben, um dann abermals zu beweisen, dass Größe nicht immer entscheidend ist.
(Quelle: Motorrad Magazin, Ausgabe MO 8/2017)